10 Fragen an Dr. Wolfgang Vahle – Deutsche Welle TV – Homöopathie – Dreh: Dienstag, 17.08.2010

Im August 2010 hat sich die Deutsche Welle bei mir gemeldet. Man wollte für die Deutschen, die im Ausland leben, eine TV-Sendung produzieren zum Theme „Pro und Contra Homöopathie“. Es sollte natürlich eine „ausgewogene“ Sendung werden, in der Befürworter und Gegner der Homöopathie gleichermaßen zu Wort kommen sollten. Mein Protest gegen diese Form hat nicht viel genützt. Ich stehe ja bekanntermaßen auf dem Standpunkt, dass man „Sinn“ und „Unsinn“ nicht gleich behandeln darf. Der „Unsinn“ sollte möglichst überhaupt kein Forum bekommen, das ihn aufwertet! – Die Sendung ist leider dennoch ausgewogen gesendet worden… Mein ca. einstündiges Interview ist auf wenige Minuten mit relativ belanglosen Äußerungen zusammengestrichen worden. Immer wenn, es „in die Tiefe“ ging, fielen die Sätze der Streichung zum Opfer.

Fairerweise hatte man mir jedoch zuvor die 10 Fragen schriftlich zukommen lassen, sodass ich Zeit hatte, mich vorzubereiten. Da das komplette Interview nicht gesendet worden ist (es konnte ohnehin nur im Ausland gesehen werden), stelle ich meine Antworten zu den zehn Fragen hier ein.

  1. Sehr oft, wenn die Schulmedizin versagt hat, half den Menschen die Homöopathie, sagen die Anhänger dieser Heilmethode. Warum glauben sie denen nicht?
    Ich habe keinen Zweifel, dass sich Menschen nach einer Homöopathiebehandlung besser fühlen. Der Zweifel liegt im Kausalzusammenhang. Nicht alles, was „danach“ passiert, ist auch „deswegen“ passiert. Der nächste Punkt ist das „bessere Gefühl“. Ein gutes, ein besseres Gefühl ist zwar viel wert. Das Ziel einer medizinischen Behandlung sollte jedoch die objektive, die körperliche Besserung oder gar Wiederherstellung sein und nicht allein ein gutes Gefühl für eine – meistens sehr begrenzte – Zeit!

  1. Es gab einige Studien, die den Nutzen der Homöopathie angeblich beweisen. Was sind diese Studien ihrer Ansicht nach wert?
    Die Studien sind nicht mal das Papier wert, auf das sie geschrieben sind. Die Ergebnisse der Studien werden in gleichem Maße schlechter, in dem die Methode besser wird! Studien mit hohen Qualitätsstandards – und vor allem Metastudien! – zeigen keinerlei Wirksamkeit der Homöopathie. Fehler können auftreten in falschen oder sich ändernden „Endpunkten“, in Verstößen gegen die „intention to treat“-Regel, in mangelnder Randomisierung, in fehlender Verblindung, im Verzicht auf die Placebo-Kontrolle. Und trotz guter Qualität liegt die Irrtumswahrscheinlichkeit bei 5 Prozent! 5 Prozent aller – guten! – Studien können eine Wirksamkeit zeigen, wo keine ist – also falsch positive Ergebnisse zeigen. Das würde man herausbekommen, wenn
    alle Studien veröffentlicht würden und nicht die Studien mit den schlechten Ergebnissen verschwiegen und lediglich die Studien mit den guten Ergebnissen genannt würden. Diese Fehlerform heißt „Publikations-Bias“.

     

    Aber schwerer noch als der fehlende Wirksamkeitsnachweis wiegt, dass die Homöopathie aus naturwissenschaftlichen Gründen nicht wirken kann! Während man annehmen kann, dass ein fehlender Nachweis möglicherweise später doch noch gefunden werden kann, kann man sicher sein, dass ein heute physikalisch unmöglicher Effekt nicht morgen physikalisch möglich sein wird! 

  1. Die Homöopathie behandelt Gleiches mit Gleichem. Was ist daran falsch?
    Gegenfrage: Was soll daran richtig sein? – Es stimmt nicht! Der homöopathische Grundsatz „Similis similibus currentur“ bedeutet
    Ähnliches wird durch Ähnliches geheilt. „Gleiches“ in diesem Sinne gibt es nicht. Gerade im Hinblick auf die „Ganzheitlichkeit“, auf die die Homöopathie so großen Wert legt, muss man sagen, dass es zwei genau gleiche Menschen oder zwei genau gleiche Krankheiten nicht gibt. – Ähnlichkeit hingegen ist eine rein menschliche Kategorie. Was ein Mensch als „ähnlich“ ansieht, sieht ein anderer Mensch als völlig verschieden an. Ähnlichkeit ist keine Kategorie in der Natur, keine Kategorie in der Evolution (vom Prinzip des „Mimikry“ mal abgesehen). Ähnlichkeit kann Verwandtschaft bedeuten, muss es aber keineswegs!

    In der wissenschaftlichen Hochschulmedizin gibt es allerdings einen Bereich, in dem der Satz „Gleiches wird durch Gleiches geheilt“ sogar zutrifft: das sind die Impfungen (zu denen auch die Allergieimpfungen zählen). Bezeichnenderweise werden Impfungen und Hyposensibilisierungen (spezifische Immuntherapien) von Homöopathen aber abgelehnt“!

  1. Immer mehr Ärzte haben eine homöopathische Zusatzausbildung, zahlreiche Prominente schwören auf diese Heilmethode. Kann es denn sein, dass sich so viele Menschen auf dem Irrweg befinden?
    Natürlich kann das sein! Die wissenschaftliche Wahrheit findet man durch Forschung, durch Beobachtung, durch Erweiterung der Beobachtung zu einer Theorie und durch Prüfung der Theorie an Voraussagen, an Prognosen. Wissenschaftliche Wahrheit findet man nicht durch Mehrheitsbeschluss – schon gar nicht durch Mehrheiten von Nicht-Wissenschaftlern! Ärzte, die homöopathisch behandeln, handeln im Fall einer homöopathischen Behandlung unwissenschaftlich. Zwar kann ein Arzt – nacheinander – einen Patienten wissenschaftlich und den nächsten homöopathisch behandeln – aber niemals gleichzeitig. Homöopathie ist Abkehr von der Wissenschaft, Abkehr von der Vernunft, Abkehr von der Ratio! Die wissenschaftliche Medizin ist mit einer Abkehr von der Ratio nicht vereinbar! Dass es dennoch „Weiterbildungen“ in der Homöopathie gibt, halte ich für ein katastrophales Armutszeugnis der Ärztekammer. Die Medizin als Lehre ist mit der Homöopathielehre unvereinbar; es ist schlimm, dass die Funktionäre der Ärztekammern das wegignorieren – vermutlich einem falsch verstandenen Harmoniebedürfnis den Homöopathen gegenüber geschuldet. Selbst Hahnemann hat die wissenschaftliche Hochschulmedizin und die Homöopathie als miteinander unvereinbar bezeichnet! Ich habe übrigens vor einigen Jahren unserem damaligen Ärztekammerpräsidenten, Herrn Prof. Dr. Hoppe (gestorben 2011) geschrieben und ihn gebeten, die Ärztekammern sollten klar Stellung beziehen für die wissenschaftliche Medizin und gegen die unwissenschaftliche Scharlatanerie. Er – bzw. ein Vorzimmerherr – hat mir „wischi-waschi“ geantwortet, dass diese harte Einstellung nicht erwünscht sei! Wunschvorstellungen im Zusammenhang mit Naturgesetzen – wie tief sind wir gesunken?
  1. Anhänger der Globuli schwärmen von den Mitteln, weil sie keine Nebenwirkungen haben. Wenn man sich ansieht, wie viele Menschen durch Präparate der Schulmedizin bereits ums Leben gekommen sind, ist das doch ein ungeheurer Fortschritt, oder?
    Von welcher Zeit der Schulmedizin – Entschuldigung: ich spreche lieber von „wissenschaftlicher Hochschulmedizin“ – „Schulmedizin“ ist ein Kampfbegriff, der Assoziationen an „Grundschule“ wecken soll – sprechen wir eigentlich? Die Aderlässe, die zu Zeiten Hahnemanns im Namen der Medizin viele Leben gekostet haben, sind unter heutigen Gesichtspunkten in der wissenschaftlichen Hochschulmedizin keineswegs mehr anerkannt. Die wissenschaftliche Hochschulmedizin hat Fortschritte gemacht. Die wissenschaftliche Hochschulmedizin war es, die die vor hundert Jahren noch bestehende durchschnittliche Lebenserwartung von etwa 30 Jahren innerhalb der letzten hundert Jahre auf jetzt etwa 80 Jahre hochkatapultiert hat! Zuvor hatte die Homöopathie, die es ja bekanntlich schon seit 200 Jahren gibt, sage und schreibe hundert Jahre Zeit, allein zu schalten und zu walten und sich zu bewähren: nichts ist passiert. Die Lebenserwartung blieb die ganze Zeit auf beschämend niedrigem Niveau.
     

    Die wissenschaftliche Hochschulmedizin ist eben eine wissenschaftliche Methode: Arzneien, die sich nicht bewähren oder die sogar schaden, werden ohne Emotionen aus dem Behandlungsspektrum entfernt. Die Schwierigkeit liegt wieder im Detail: woher wissen wir, ob eine Substanz schadet? Es ist die gleiche Frage, die wir an die Homöopathen haben: Woher wisst Ihr, ob eine Substanz nützt? Die Antwort ist nur durch qualitativ hochwertige Studien zu erhalten. – Wenn man feststellt, dass Substanzen, Medikamente mehr schaden als nützen, dann werden sie verworfen! Sie sollten dann auch nicht durch andere „Medikamente“ ersetzt werden, deren Nutzen in keiner Weise belegt ist! Der ungeheure Fortschritt, von dem Sie sprechen, liegt im Verzicht auf schädliche Behandlungen; ein anschließender  Ersatz der eliminierten, schädlicher Handlungen durch unnütze Scheinbehandlungen bringt keinen weiteren Vorteil. Noch größer allerdings wäre der Fortschritt, wenn wir die nachgewiesen schädlichen Medikamente durch nachgewiesene nützliche Medikamente ersetzen! Und genau daran arbeitet die wissenschaftliche Hochschulmedizin. Und da hilft die Homöopathie nun überhaupt nicht – im Gegenteil: sie behindert das wissenschaftliche Denken in der Bevölkerung und sie behindert die Anwendung wissenschaftlicher Behandlungsstrategien.

  1. Was sagen sie denn einem Patienten, der ihnen sagt, die Globuli haben mir geholfen?
    Ich sage ihm, dass er sich irrt! Globuli können nicht helfen. Es muss irgendetwas anderes gewesen sein, was geholfen hat.

     

    Wir müssen an dieser Stelle auf den Begriff „helfen“, auf den Begriff „Heilung“ eingehen. Der alte Spruch, „Wer heilt, hat Recht“, ist so simpel wie unbrauchbar. Natürlich ist der Spruch richtig. Die große Frage aber ist, „Was ist Heilung?“

    Viele Krankheiten sind gottlob harmlos und heilen spontan aus. Während der Heilungszeit kann man machen, was man will – normalerweise hält man die Heilung nicht auf. Wenn Sie sich bei der Küchenarbeit in den Finger geschnitten haben: Was müssen Sie tun, damit die Wunde verheilt? Nichts! Wenn Sie zwischenzeitlich Pommes essen: die Wunde heilt! Und wenn Sie zwischenzeitlich Arnika essen? Die Wunde heilt auch! Und wenn Sie Arnika verdünnen? – Entschuldigung: „Potenzieren“! – auch dann heilt die Wunde! Warum schreibt man Arnika die Heilung zu, den Pommes aber nicht? Sehen Sie: ich kenne die Antwort auch nicht.

    „Spontanheilung“ ist ein wesentlicher Faktor, der von Homöopathie-Anhängern gern zum Trittbrettfahren missbraucht wird. Ein anderer Faktor ist die „Regression zur Mitte“, die natürlich auch etwas mit „Spontanheilung“ zu tun hat. Kopfschmerzen z. B. nehmen mal zu, dann mal wieder ab, dann mal wieder zu usw. Die Wahrscheinlichkeit, dass Kopfschmerzen abnehmen, ist nun mal höher bei starken als bei schwachen Kopfschmerzen. Und die Wahrscheinlichkeit Medikamente zu nehmen, ist ebenfalls größer bei starken als bei schwachen Kopfschmerzen. Dann ist es auch sehr wahrscheinlich, dass bei starken Kopfschmerzen beides eintritt: man nimmt Medikamente – z. B. Homöopathika – und die Kopfschmerzen nehmen ab! Kausalzusammenhang? Keineswegs! Lediglich eine zeitliche Korrelation!

    Ich möchte den Rahmen nicht sprengen: es gibt noch viele Mechanismen, die eine Heilung vortäuschen können. Über diese Themen sind viele Bücher geschrieben worden. Man muss sie nur lesen! Zwei Punkte möchte ich gern noch anführen: Erstens, die „Selektive Wahrnehmung“. Wenn man glaubt, dass z. B. zwischen Einnahme von Homöopathika und Besserung ein ursächlicher Zusammenhang besteht, dann wird man sich später an jedes positive Beispiel immer erinnern und jedes negative Beispiel vergessen. Da spielt uns unser Unbewusstes einen Streich. Wir können Muster – Kausalzusammenhänge – sehen, wo keine sind. Diese Fähigkeit ist übrigens von der Evolution begünstigt: das spontane Erfassen von Mustern beschleunigt unsere Entscheidungsfindung so erheblich, dass die Fehlermöglichkeit „Muster sehen, wo keine sind“ von der Natur in Kauf genommen wird. Was im täglichen Leben sinnvoll ist, stört aber den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn. Erkenntnis kann man nur gewinnen, wenn man weiß, dass jeder Mensch anfällig ist für selektive Wahrnehmung und auf dieses Wissen reagiert, indem man selektive Wahrnehmung nach Möglichkeit ausschließt! Selektive Wahrnehmung täuscht hohe Korrelationsfaktoren vor! Übrigens: Befürworter lassen sich von selektiver Wahrnehmung eher beeinflussen als Skeptiker! Aus diesem Grund sind doppelte Verblindungen in Studien unumgänglich!

    Ganz banal ist zweitens auch die sogenannte „Erstverschlimmerung“: wie soll die Homöopathie eigentlich Misserfolge vorweisen können, wenn sowohl Besserungen als auch Verschlechterungen als „Erfolg“ bezeichnet werden? Die sogenannte „Erstverschlimmerung“ ist ein lächerliches Konzept, die Homöopathie gegen Misserfolge zu „immunisieren“.

  1. Die Befürworter der Alternativmedizin sagen, dass sich ein Homöopath wesentlich mehr Zeit für den Patienten nimmt, als ein Schulmediziner. Warum haben es die meisten Ärzte so eilig?
    Glauben Sie mir: auch die meisten Ärzte hätten gern mehr Zeit für die Patienten! Aber bei großer Nachfrage: was sollen wir tun? Der Tag hat ja nur 24 Stunden! Die Alternative wäre, Patienten abzulehnen. Das wäre auch nicht fair. Ich möchte auch nicht unerwähnt lassen, dass es auch finanzielle Gründe gibt! Wir HNO-Ärzte in Westfalen-Lippe haben derzeit ein „Regelleistungsvolumen“ von etwa 27 Euro pro Quartal. Regelleistungsvolumen heißt: „Flatrate“. Egal, wie oft ein Patient in einem Quartal die Praxis aufsucht: mehr als 27 Euro bekommen wir nicht. Wir sind darauf angewiesen, auch einen gewissen Anteil an Neupatienten zuzulassen. Homöopathen berechnen die „homöopathische Erstanamnese“ nach der GOÄ, der Gebührenordnung für Ärzte. Diese Gebührenordnung gilt für Privatpatienten. Homöopathen behandeln ihre Patienten als Privatpatienten und stellen ihre Leistungen in Rechnung. Ich möchte es vermeiden, den Preis für eine homöopathische Erstanamnese zu nennen: man könnte mir Neid unterstellen. Das ist es aber nicht: ich bin nicht neidisch! Bezogen auf die Zeit, die der Homöopath benötigt, ist der Preis vermutlich sogar gerechtfertigt. Es sind verschiedene Modelle: man kann wenige Patienten haben und für jeden Patienten viel Zeit verbrauchen (die Frage sei auch erlaubt, ob der hohe Zeitverbrauch bei jedem Menschen gerechtfertigt ist oder ob er Folge der hohen Vergütung ist) – oder man hat viele Patienten und bekommt nur wenig Geld pro Patient. Das ist das Schicksal der Ärzte! Wir Ärzte sind mit diesen Umständen nicht zufrieden und schon gar nicht glücklich!
  1. Laut einer weltweiten Befragung sind in Deutschland nur 34 Prozent der Bevölkerung zufrieden mit der medizinischen Versorgung. Wundert es sie da, dass immer mehr Menschen die Homöopathie wenigstens mal ausprobieren?
    Die Zahl kenne ich nicht. Ich weiß nur, dass Ärzte in der Bevölkerung nach wie vor ein hohes Sozialprestige haben. Und dass die Patienten ihre eigenen Hausärzte jeweils noch höher bewerten als den Durchschnitt der Ärzte. Einerlei: ich verurteile ja nicht das Bedürfnis nach Besserem! Ich kann gut verstehen, dass Menschen sich Besseres wünschen als die „normale medizinische Betreuung“. Aber wir wissen doch alle, dass Wunschdenken die Realität nicht ändert! Die Unzufriedenheit – so berechtigt sie sein mag – macht aus Abwesenheit von Arzneien (Stichwort „homöopathische Verdünnung“) keine Anwesenheit von Arzneien! Unzufriedenheit ist der Motor der Forschung, der Motor des Bemühens um Besserung. Sie ist nicht in der Lage, aus Unsinn Sinn zu machen! – Denken Sie, wir wissenschaftlichen Hochschulmediziner seien mit dem Status quo zufrieden? Wir sind es nicht! Wir forschen und ersetzen schlechte Methoden durch gute und gute durch bessere. Wir strengen uns an! Unzufrieden zu sein und sich dann auf die „faule Haut zu legen“ nach dem Motto: „Weil ich unzufrieden mit der Realität bin, wird automatisch meine Phantasie real – ich brauche also nichts zu tun“ ist lächerlich.

     

    Sind Sie eigentlich mit Ihrem Auto zufrieden? Mit dem Spritverbrauch? Wollen Sie nicht vielleicht mal ausprobieren, wie es ist, wenn Sie Wasser in den Tank schütten? Oder Sand? Ich meine, Wasser und Sand kommen in der Natur vor und sie sind unschädlich. Wie schön wäre es, wenn Autos mit Wasser oder Sand fahren könnten! Es wäre doch schön, wenn Sie das mal ausprobieren würden? Wie jetzt: Sie sagen, das haben schon andere ausprobiert? Es gebe wissenschaftliche Erkenntnisse, dass Wasser und Sand nicht genügend Energie enthalten, um Autos anzutreiben? Und es gebe schon Beobachtungen, dass „Sand im Getriebe“ nicht nützlich, sondern schädlich ist? Hervorragend! Sie nutzen die Erfahrungen anderer, um nicht alle Fehler selbst machen zu müssen! Sie sind lernfähig! Nur bei Ihrer Gesundheit weichen Sie von diesem Verfahren ab? Es reicht Ihnen nicht, dass wissenschaftlich ausgebildete Fachleute immer und immer wieder nachgewiesen haben, dass Homöopathie unwirksam ist: Sie müssen die Homöopathie selbst ausprobieren? Ganz schön dumm! Müssen Sie erst selbst ausprobieren wie es ist, mit einem zu kleinen Fallschirm abzuspringen? In einem undichten Boot zu fahren? Wollen Sie mal ausprobieren, ob Tollkirschen giftig sind? Oder Knollenblätterpilze? Wie doof ist das denn?

  1. Einige Politiker und Funktionäre wollen die Homöopathie verbieten, weil sie das Loch im Gesundheitssystem weiter vergrößert. Sind die Kosten durch,
    – zum Beispiel – nutzlose und völlig überteuerte Krebsmedikamente nicht viel höher?
    Falscher Vergleich! Natürlich ist eine Behandlung mit nutzlosen Medikamenten nutzlos und eine Behandlung mit überteuterten Medikamente überteuert. Das gilt aber doch wohl gleichermaßen für – ich benutze jetzt zur Verdeutlichung mal widerwillig den Kampfbegriff – allopathische wie homöopathische Mittel. Homöopathika sind die teuersten Medikamente überhaupt: man zahlt einen Preis und bekommt kein einziges Molekül Wirksubstanz! Die Mathematik – auch Finanzmathematik ist Mathematik! – verbietet die Division durch Null. Strebt aber die homöopathische Verdünnung gegen Null, dann strebt der Preis gleichermaßen gegen Unendlich! Bei einer Verdünnung jenseits von D23 ist kein Wirkmolekül mehr vorhanden – der Preis bezogen auf die Wirkmoleküle also de facto unendlich hoch.

     

    Die Alternative zum Einsatz nutzloser und überteuerter Medikamente ist, preiswerte und wirksame Medikamente einzusetzen und nicht andere, noch teurere und noch nutzlosere Homöopathika einzusetzen! Kann man „nutzlos“ eigentlich noch steigern? Ich ketze mal: „ja, homöopathisch“!

  1. Hätte der Homöopathie-Erfinder Samuel Hahnemann überhaupt eine Chance gehabt, wenn die Schulmedizin Anfang des 18. Jahrhunderts ihre Patienten nicht mit Methoden wie Aderlässen und Einläufen gequält hätte?
    Die Verwendung der sogenannten „Drastika“ ist eine historische Tatsache. Die Homöopathie hat den Einsatz der Drastika reduziert und damit Schaden abgewendet. Das ist ein Verdienst, den ich anerkenne – und mit mir alle rechtschaffenen wissenschaftlichen Hochschulmediziner. Schaden zu vermeiden ist ein wichtiger Punkt. Die heutige wissenschaftliche Hochschulmedizin handelt nach dem gleichen Grundsatz: „Primum nil nocere“ bedeutet: zunächst mal nicht schaden! Etwas Schlechtes zu vermeiden, ist aber nicht so effektiv, wie etwas Gutes zu tun. Wenn alle Ärzte morgen am Tag ihre Arbeit niederlegen würden, dann würde ab der gleichen Sekunde kein ärztlich verursachter Schaden mehr auftreten. Gleichzeitig fänden wir uns mit Mittelalter wieder! Die Lebenserwartung würde wieder auf 30 Jahre abfallen, Zahnschmerzen könnten die Hälfte davon vergällen und man stürbe wieder an Blinddarmentzündungen oder im Kindbett. Wollen wir das?

     

    Wenn man schädliche Einflüsse erkannt hat – Hahnemann hat das erkannt, aber die moderne wissenschaftliche Hochschulmedizin auch! – dann kann man verschieden darauf reagieren. Hahnemann hat die schädlichen Behandlungen durch unschädliche – und unwirksame! – Behandlungen ersetzt: ein seit 200 Jahren abgeschlossener, inzwischen statischer Prozess. Die wissenschaftliche Hochschulmedizin hat die schädlichen Behandlungen von damals durch weniger schädliche und wesentlich wirksamere Behandlungen ersetzt – und dieser Prozess hält übrigens immer noch an!

     

    Ganz aktuell: gerade ist ein neues Superbakterium aufgetreten, das gegen fast alle Antibiotika resistent ist? Geht irgendjemand zu einem Homöopathen zu und sagt: „macht uns gesund“? Nein, man schreit nach Wissenschaft! Die Entwicklung neuer Antibiotika ist gefragt! – Wussten Sie überhaupt, dass Bakterien oder Viren in der homöopathischen Lehre überhaupt nicht vorkommen? Statt dessen schwadroniert man über „Miasmen“ als Krankheitsursachen – und kein Homöopath hat je definiert oder ist überhaupt in der Lage dazu, zu sagen, was „Miasmen“ sind!

     

    Unzufriedenheit mit der wissenschaftlichen Medizin ist erlaubt. Aus ihr erwächst der Fortschritt. Aber: der wissenschaftlichen Hochschulmedizin vorzuwerfen, sie könne nicht jede Krankheit heilen, ist scheinheilig und perfide! Diese Kritik ist unfair! Krankheiten sollten mit den Methoden behandelt werden, die – wenn sie schon nicht eine hundertprozentige Heilung ermöglichen – doch eine möglichst hohe Heilungsquote aufweisen. Will man sich zwischen Homöopathie und wissenschaftlicher Hochschulmedizin rational entscheiden, dann bleibt einem nichts anderes übrig, als sich für die wissenschaftliche Hochschulmedizin zu entscheiden: sie hat in jeder Behandlungsstrategie die höchsten Erfolgsquoten.

        

 

 

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